METHODIK STRATEGIC SKILLS PLANNING
Methodik der quantitativen skills-basierten Strategischen Personalplanung (SPP)
Ohne methodischen Rahmen bleibt Skills Planning reaktiv. Pauschalen Formulierungen helfen nicht weiter. Sie sind zu grob, um Unternehmen eine Grundlage für konkrete Entscheidungen zu geben. Was gebraucht wird, ist eine differenzierte, quantitative und zugleich nachvollziehbare Methodik, die zeigt, welche Aufgaben in welchen Rollen tatsächlich automatisierbar sind, wo Augmentierung realistisch ist und welche Skills dadurch wichtiger werden. Erst durch strukturierte Analysen und Szenarien wird das Skills Planning zum strategischen Steuerungsinstrument für Transformation und Beschäftigungsfähigkeit.
Warum braucht es ein Strategic Skills Planning?
KI verändert Aufgaben – nicht pauschal ganze Jobs
Die Diskussion um den Einfluss von Künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt ist oft von pauschalen Aussagen geprägt: „Jobs verschwinden“ oder „KI ersetzt den Menschen“. Doch diese Sichtweise greift zu kurz. In der Realität besteht jeder Job aus einer Vielzahl unterschiedlicher Tätigkeiten – manche sind stark regelbasiert und wiederholbar, andere erfordern Kreativität, Urteilsvermögen oder regulatorisches Fingerspitzengefühl. Deshalb ist es methodisch unzulässig, ganze Jobs pauschal als „automatisierbar“ oder „sicher“ zu klassifizieren.
Deshalb braucht es eine Methodik, die Realität genauer abbildet: Sie zerlegt jeden Job systematisch in ihre konstituierenden Aufgaben. Für jede dieser Aufgaben wird ermittelt, wie viel Zeitanteil sie im Arbeitsalltag einnimmt – etwa durch Interviews, Stellenbeschreibungen oder operative Datenquellen wie Ticket- und Monitoringsysteme.
Strategische Bewertung von automatisierbaren Aufgabenanteilen bei Jobs
Automatisierbare Tätigkeiten
Tätigkeiten, die technisch vollständig durch KI oder Automatisierungssysteme übernommen werden können – z. B. Standard-Patching, Log-Screening oder das Generieren von Testdaten.
Augmentierbare Tätigkeiten
Aufgaben, die weiterhin vom Menschen verantwortet werden, aber durch KI deutlich beschleunigt oder verbessert werden können – etwa durch Vorschläge, Variantenanalysen oder automatisierte Vorarbeit.
Menschlich-kritische Tätigkeiten
Tätigkeiten, die dauerhaft beim Menschen verbleiben müssen – sei es aus ethischen, regulatorischen oder kommunikativen Gründen. Dazu zählen z. B. Freigaben bei kritischen Incidents oder die Kommunikation mit Regulatoren.
Ermittlung des automatisierbaren Aufgabenanteils (AUA)
Aus der Kategorisierung und Gewichtung ergibt sich eine zentrale Kennzahl: der Automatisierbare Aufgabenanteil (AUA). Sie beschreibt, wie groß der Anteil der Tätigkeiten eines Jobs ist, die prinzipiell automatisierbar sind – nicht als absolute Realität, sondern als strategisches Potenzial. Der AUA ist damit ein messbarer, kommunizierbarer und auditierbarer Indikator für die Transformation einzelner Jobs im Kontext von KI und Automatisierung.
Definition des Automatisierbaren Aufgabenanteils (AUA)
Der AUA beschreibt, wie groß der Anteil der Tätigkeiten eines Jobs ist, die prinzipiell automatisierbar sind.
Zur Ermittlung des AUAs je Job werden die Zeitanteile aller Aufgaben addiert, die als automatisierbar eingestuft wurden.
Gewichtung der Aufgaben
Für jeden Job ergibt sich so eine Gewichtung, die sich in Prozentwerten ausdrücken lässt. Alle Aufgabenanteile zusammen ergeben 100 %.
Ein Beispiel für die Zeitanteile:
- Patching: 25 %
- Monitoring: 20 %
- Dokumentation: 15 %
- Security-Hardening: 20 %
- Incidentbearbeitung: 20 %
Die Summe ergibt 100 %. Jeder Anteil beschreibt, wie viel Arbeitszeit in des Jobs auf diese Aufgabe entfällt.
Beispiel: System Engineer
Folgende Tätigkeiten sind automatisierbar: Patching (25 %), Monitoring (20 %) und Dokumentation (15 %). Zusammen ergibt das 60 %. Der AUA des Jobs beträgt also 0,60 bzw. 60 %.
Dieser Wert ist eine theoretische Obergrenze: Er sagt nicht, dass 60 % der Arbeit sofort verschwinden. Er sagt, dass 60 % der Arbeit prinzipiell durch KI oder Automatisierung übernommen werden könnten – wenn Technologie, Organisation und Governance mitspielen.
Adoptionskurven & Szenarien: Realistische Umsetzung statt Technologie-Hype
Die Methodik nutzt S-Kurven, um die Einführungsgeschwindigkeit von KI-Technologien realistisch abzubilden. Drei Szenarien – Base, High und Constrained Case – zeigen, wie stark eine Rolle bis 2029 oder 2035 tatsächlich automatisiert oder augmentiert wird. Dabei wird zwischen Substitution und Assistenz klar unterschieden.
Warum Adoptionskurven notwendig sind?
Technologisches Potenzial allein reicht nicht aus – entscheidend ist die realistische Einschätzung, wie schnell neue Technologien tatsächlich eingeführt und genutzt werden.
- Der Automatisierbare Aufgabenanteil (AUA) beschreibt nur das theoretische Automatisierungspotenzial einer Rolle. In der Praxis wird dieses Potenzial oft deutlich später realisiert.
- Technologische Innovationen werden selten linear übernommen. Historische Beispiele wie Cloud Computing, DevOps, agile Methoden oder Künstliche Intelligenz zeigen typische Verzögerungen zwischen Pilotierung und flächendeckender Anwendung.
- Adoptionskurven bilden diesen realistischen Verlauf ab. Sie helfen, überzogene Erwartungen zu vermeiden und besser zu verstehen, wann und in welchem Tempo ein Unternehmen von Potenzial zu tatsächlicher Umsetzung gelangt.
- FAZIT: Adoptionskurven sind ein unverzichtbares Instrument, um die Kluft zwischen technischem Potenzial und realer Implementierung sichtbar und planbar zu machen.
Das Prinzip der S-Kurven
Die Einführung neuer Technologien folgt einem typischen S-Kurven-Muster, das den schrittweisen Übergang von Experimenten zur breiten Nutzung beschreibt.
Initialphase:
Einführung verläuft langsam – Unternehmen testen, prüfen regulatorische Fragen und sammeln erste Erfahrungen. Nur ein kleiner Teil des Potenzials wird realisiert.
Scaling-Phase:
Sobald Technologie, Prozesse und Akzeptanz etabliert sind, steigt die Nutzung exponentiell an. Die Mitte der S-Kurve markiert den beschleunigten Übergang von der Nische zum Standard.
Sättigungsphase:
Nach der Phase des rasanten Wachstums flacht die Kurve ab. Die Technologie ist weitgehend eingeführt, und die verbleibenden Potenziale werden nur noch schrittweise erschlossen. Nicht alle Aufgaben können oder sollen automatisiert werden – menschliche Expertise bleibt dort gefragt, wo Urteilsvermögen, Empathie oder rechtliche Bewertung erforderlich sind.
Diese Dynamik erklärt, warum Veränderung anfangs zäh, später aber rasant wirkt – und warum frühe Investitionen in Kompetenzaufbau und Change-Management entscheidend sind.
FAZIT: Die S-Kurve verdeutlicht, dass Transformation planbar verläuft: erst zögerlich, dann schnell wachsend, schließlich stabil. Wer die Kurve kennt, kann Investitionen, Personalentwicklung und Technologieeinführung realistisch timen.
Die 3 relevanten Szenarien
Base Case
Dies ist das realistische Szenario, in dem von einer ausgewogenen Einführung ausgegangen wird. Für Automatisierung bedeutet das, dass bis 2029 rund 40–60 % des technisch möglichen Potenzials ausgeschöpft sind. Für Augmentierung wird von 50–70 % ausgegangen.
High Case
Hier wird eine aggressive Einführung unterstellt, etwa getrieben durch starken Wettbewerbsdruck, hohe Investitionen oder besonders reife Tools. In diesem Szenario werden bis 2029 schon 60–80 % des Potenzials realisiert.
Constrained Case
In diesem konservativen Szenario wirken Bremsfaktoren wie strenge Regulierung, Widerstände von Betriebsräten oder eine Legacy-Landschaft. Hier liegt die Realisierung bis 2029 nur bei 20–40 %.
Hypothesen für Skill-Shifts & neue Job Profile
Diese folgenden Hypothesen bilden die Grundlage für die quantitative Bewertung von Skill-Shifts und die Entwicklung zukunftsfähiger Job Architekturen.
Automatisierung von Routinetätigkeiten
Die erste Hypothese geht davon aus, dass klar strukturierte, regelbasierte Tätigkeiten in hohem Maße automatisierbar sind. Besonders betroffen sind operative Aufgaben in IT- und Supportfunktionen – etwa das Einspielen von Patches, das Monitoring von Logs oder die Durchführung standardisierter Tests. Diese Tätigkeiten folgen festen Mustern und lassen sich zunehmend durch KI- und Automatisierungssysteme übernehmen. Damit verlieren Jobs bestimmte Aufgabenanteile, was neue Anforderungen an verbleibende Tätigkeiten und Skills erzeugt.
Entstehung neuer Job Profile durch KI-Einflüsse
Die zweite Hypothese betont, dass viele Tätigkeiten nicht ersetzt, sondern durch KI unterstützt werden. Augmentierung bedeutet, dass Mitarbeitende weiterhin die Verantwortung tragen, aber durch KI-Systeme produktiver und schneller arbeiten können. Beispiele sind Entwickler, die mit Tools wie GitHub Copilot arbeiten, oder Data Scientists, die KI-generierte Features prüfen. Diese Form der Assistenz verändert die Arbeitsweise, erfordert neue digitale Skills und hebt die Bedeutung von kritischem Denken und Entscheidungsfähigkeit.
KI-gestützte Augmentierung von Wissensarbeit
Mit zunehmender Automatisierung und KI-Nutzung steigt die Bedeutung von Datenqualität, Transparenz und regulatorischer Steuerung. Die dritte Hypothese beschreibt, wie Jobs rund um Data Stewardship, Compliance und Governance massiv an Bedeutung gewinnen. Standards wie ISO/IEC 23894 oder der EU AI Act machen deutlich: Unternehmen müssen nicht nur technologisch, sondern auch ethisch und rechtlich verantwortungsvoll handeln. Das führt zu einer Aufwertung datenbezogener Jobs und zu neuen Anforderungen an Verantwortlichkeit und Nachvollziehbarkeit.
Daten- und Governance-Aufwertung
Die vierte Hypothese beschreibt die Entstehung neuer Jobs, die klassische IT-Skills mit KI- und Governance-Wissen kombinieren. Beispiele sind:
- LLMOps Engineers: Spezialisten für den Betrieb und das Monitoring großer Sprachmodelle
- AI Ethics & Risk Officers: Verantwortliche für ethische und regulatorische Fragen im KI-Einsatz
- Agentic Systems Architects: Entwickler komplexer Multi-Agenten-Systeme Diese Rollen entstehen nicht aus dem Nichts, sondern entwickeln sich aus bestehenden Funktionen – etwa durch Weiterqualifizierung oder Spezialisierung. Sie markieren den Übergang von klassischen IT-Jobs zu hybriden Skill-Profilen.
Oversight & regulatorische Verantwortung als Wachstumsfeld
Die fünfte Hypothese betont, dass menschliche Aufsicht und Governance zu einem zentralen Wachstumsfeld werden. Je stärker KI-Systeme eingesetzt werden, desto wichtiger wird es, dass Menschen Regeln definieren, Ausnahmen prüfen und im Zweifel eingreifen können. Oversight umfasst nicht nur Kontrolle, sondern auch Policy-Definition, Auditfähigkeit und Kommunikation mit Regulatoren. Regulatorische Rahmenwerke wie ISO/IEC 42001 oder der EU AI Act machen diese Funktionen zur Pflicht – und damit zu einem strategischen Bestandteil moderner Organisationen.
Validierung & Auditierbarkeit
Die Methodik ist empirisch überprüfbar und anschlussfähig für HR, Betriebsräte und Führungskräfte. Sie erlaubt eine differenzierte Kommunikation über Veränderung – granular, nachvollziehbar und strategisch steuerbar.
Eine Analyse, die in Prozentwerten von Automatisierung oder Augmentierung spricht, ist immer angreifbar. Kritiker könnten behaupten, die Werte seien bloße Spekulation oder gar frei erfunden. Gerade deshalb ist es entscheidend, die Herleitung der Zahlen so zu gestalten, dass sie rückverfolgbar, überprüfbar und empirisch testbar ist. Unsere Methodik erfüllt diese Anforderungen, indem sie sich auf externe Benchmarks stützt, interne Konsistenz wahrt und in jedem Schritt auf Unternehmensdaten zurückführbar ist.
Download Whitepapers
- Paradigmenwechsel
- Vorgehensweise der Skills-basierten Strategischen Personalplanung
- Treiberanalyse
- Übersetzung der Geschäftsziele in Skillbedarfe
- Erhebung des aktuellen Skillbestands
- Technology-Impact-Analyse
- Skill-Bedarfsplanung und Gap-Analyse
- Strategien zur Schließung von Skill-Lücken
- Verankerung, Datenqualität und Datenschutz
- Softwarelösungen
- Hypothesenrahmen
- Methodische Grundlogik
- Adoptionskurven und Szenarien
- Substitutionseffekte in FTE-Bändern
- Augmentierung und Skill-Shifts
- Validierung und Auditierbarkeit
- Diskussion und Grenzen
- Anwendungsbeispiele aus der IT
Links zu verwandten Themen
- Auswirkungen technologischer Entwicklungen auf
- die künftige Jobstruktur
- Skillbedarfe
- Job Profile
- Bereichsspezifische und -übergreifende Lernpfade bis 2030+
Links zu verwandten Themen





